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Unzumutbare Härte: Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres bei Schwangerschaft

Das Trennungsjahr muss nicht abgewartet werden, wenn eine unzumutbare Härte in dem Abwarten zu sehen ist. Dies ist der Fall, wenn die Ehefrau in der Trennungszeit das Kind eines anderen Mannes erwartet.

Grundsätzlich kann eine Ehe erst geschieden werden, wenn die Ehegatten seit mindestens einem Jahr getrennt leben. Unter ganz strengen Voraussetzungen lässt der Gesetzgeber davon eine Ausnahme zu: Eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres ist möglich, wenn ein Ehegatte in seiner Person Gründe liefert, die das Abwarten des Trennungsjahres zu einer unzumutbaren Härte werden lassen.

Aber wann genau besteht eine solche unzumutbare Härte? Die Rechtsprechung ist streng. Nur in absoluten Ausnahmefällen ist es z.B. möglich, sich darauf zu berufen, der andere Ehegatte sei fremdgegangen und ein Abwarten des Trennungsjahres deshalb vor Ausspruch der Scheidung unzumutbar. “Einfaches” Fremdgehen genügt nicht.

Anders stellt sich die Situation dar, wenn die Ehefrau fremdgegangen ist und dabei schwanger wurde. Das Problem dabei: Jedes Kind, das während einer bestehenden Ehe geboren wird, gilt als eheliches – auch wenn von vornherein klar ist, dass es tatsächlich nicht vom Ehemann abstammt, sondern von einem anderen gezeugt wurde. Denn alle Kinder, die innerhalb einer bestehenden Ehe geboren werden, gelten als eheliche Kinder. Erfolgt nun aber vor der Geburt des Kindes die Scheidung, entfällt diese sogenannte gesetzliche Vermutung – das Kind wird nicht mehr ehelich geboren.

Wenn deshalb die Ehegatten übereinstimmend angeben, dass ein Fall unzumutbarer Härte vorliegt und durch die vorzeitige Scheidung verhindert werden kann, dass das Kind als eheliches auf die Welt kommt, ist eine der seltenen Ausnahmen der Regel gegeben.

 

Hinweis: Den Scheidungsantrag kann in dieser Situation nur der Ehegatte stellen, der selbst keinen Grund für die Scheidung gesetzt hat, den Fall unzumutbarer Härte also nicht selbst verursacht hat.

 

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 16.06.2014 – 8 WF 106/14

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