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Scheidungsantrag nach 21 Jahren: Extrem lange Trennungszeit wirkt sich auf den Versorgungsausgleich aus

Mit der Scheidung werden die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften zwischen den Ehegatten hälftig aufgeteilt. Bei einer Scheidung nach Ablauf des Trennungsjahres ist dies unproblematisch. Was dabei aber bei einer besonders langen Trennungszeit gilt, hat hier das Oberlandesgericht Dresden (OLG) klargestellt.

Die Trennung länger als die Ehe selbst

Nach der im Juli 1987 erfolgten Eheschließung kam ein Jahr später das einzige Kind der Eheleute zur Welt. Zehn Jahre später trennten sich die Ehegatten, doch es dauerte weitere 21 Jahre, bis der Scheidungsantrag gestellt wurde. Dem Versorgungsausgleich anlässlich der Scheidung unterliegen laut Gesetz alle Versorgungsanwartschaften aus der Ehezeit. Als Ehezeit gilt die Zeitspanne zwischen Eheschließung und Beginn des Scheidungsverfahrens. Nun hatten die Ehegatten aber besonders lang getrennt gelebt, sodass besonders lang keine Versorgungsgemeinschaft mehr gebildet worden sind. Lag somit ein Fall vor, in dem es grob unbillig wäre, an der Grundregel für den Versorgungsausgleich festzuhalten?

Das Gericht entscheidet über die Zeit des Versorgungsausgleiches

In den Augen des OLG ja. Wenn bei einer Ehedauer von rund 30 Jahren die Ehegatten zwei Drittel dieser Zeit gar nicht zusammen gewirtschaftet haben, sei dies beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Es reduziere sich die maßgebliche Zeit zwar nicht allein auf die Zeit bis zur Trennung, aber auf die Zeit bis zur Volljährigkeit des Kindes (bei mehreren Kindern Volljährigkeit des jüngsten Kindes). Entsprechend erfolgte der Versorgungsausgleich aus der um diese Frist gekürzten Ehezeit.

Hinweis: Die Entscheidung betrifft einen besonderen Ausnahmefall und kann nicht ohne weiteres auf andere Situationen übertragen werden. Lassen sich die Ehegatten also nach sechs Jahren kinderloser Ehe scheiden und leben dabei vier Jahre getrennt, ergäbe diese Zeit zwar auch zwei Drittel der Ehezeit, und dennoch wird anders zu verfahren sein als in diesem Fall. Anzuraten ist dem Ehegatten mit den höheren Anwartschaften daher stets, den sichereren Weg einer zeitnahen Scheidung zu beschreiten.

Quelle: OLG Dresden, Beschl. v. 17.12.2020 – 18 UF 371/20

Fundstelle: www.justiz.sachsen.de

Es wird darauf hingewiesen, dass gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich Einzelfallentscheidungen sind und nicht ohne weiteres auf vergleichbare /ähnliche Sachverhalte übertragen werden können, da auch diese vom zuständigen Gericht als Einzelfall beurteilt werden müssen. Ob das dargestellte Urteil auch auf Sie anwendbar ist, können wir gern in einem persönlichen Gespräch erörtern.

 

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