Menu

Tod vor Scheidung: Betreiben getrennte Eheleute die Scheidung nicht, werden sie erbrechtlich als verheiratet angesehen

Wurden keine anderen erbrechtlichen Verfügungen getroffen, beerbt der überlebende Ehegatte im Erbfall den anderen. Dieses Erbrecht entfällt natürlich dann, wenn die Ehe vor dem Tod geschieden worden ist. Was aber gilt, wenn sich der Tod in ein laufendes Scheidungsverfahren drängt, musste das Oberlandesgericht Hamm (OLG) beantworten.

Bis das der Tod uns scheidet

Nach der Trennung der Eheleute wurde zunächst das Scheidungsverfahren eingeleitet. Beide Ehegatten einigten sich über den Trennungsunterhalt, führten die Vermögensauseinandersetzung durch und klärten, dass kein Versorgungsausgleich stattfinden solle. Das Scheidungsverfahren betrieben sie jedoch nicht weiter. Und es kam, wie es kommen musste: Zehn Jahre später starb einer der Ehegatten, ohne vorherige Scheidung.

Generell gilt: Verstirbt ein Ehegatte, der selbst den Scheidungsantrag eingereicht oder dem des anderen Ehegatten zugestimmt hat, und lagen zum Todeszeitpunkt alle Scheidungsvoraussetzungen vor, wird die Ehe erbrechtlich wie bereits geschieden behandelt.

Denn nur, weil aufgrund unvermeidbarer (oder auch vermeidbarer) Wartezeiten bei behördeninternen Abläufen ein scheidungswilliger Ehegatte zum Todeszeitpunkt eben noch nicht geschieden war, soll er erbrechtlich nicht als “verheiratet verstorben” behandelt werden.

Hier aber erklärte das OLG den überlebenden Ehegatten zum Erben. Ist die Ehe scheidungsreif, die Scheidung bisher jedoch unterblieben, weil die Ehegatten selbst das Verfahren nicht betreiben, lässt dies nach langer Verfahrensdauer erkennen, dass der Scheidungswille wohl nicht (mehr) bestanden habe. Dies sei dem Fall gleichzustellen, dass der Scheidungsantrag zurückgenommen wird. Also wurde in diesem Fall der andere Ehegatte zum Erben.

Hinweis: Verzögert sich das Verfahren, weil die Ehegatten über die Folgen der Scheidung verhandeln und so eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden wollen, läge der Fall anders. Denn dann wäre der Scheidungswille eindeutig noch vorhanden gewesen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – 10 W 33/20

Fundstelle: www.justiz.nrw.de

Es wird darauf hingewiesen, dass gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich Einzelfallentscheidungen sind und nicht ohne weiteres auf vergleichbare /ähnliche Sachverhalte übertragen werden können, da auch diese vom zuständigen Gericht als Einzelfall beurteilt werden müssen. Ob das dargestellte Urteil auch auf Sie anwendbar ist, können wir gern in einem persönlichen Gespräch erörtern.

 

nächster Beitrag:

vorheriger Beitrag



Bewertungen unserer Kanzlei